30.06.2025 | Forschung | Studierende

Arbeitszufriedenheit im Pflegebereich steigt trotz höherer Belastung

Wie steht es um die Zufriedenheit des Pflegepersonals in Schweizer Spitälern? Der Spitalpflegereport Schweiz 2024 zeigt: Trotz steigender Belastung fühlen sich viele Pflegefachpersonen wohler in ihrem Beruf. Das hat viel mit Teamkultur, Digitalisierung und guter Führung zu tun – und ist auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht interessant.

Juni 2025

Text von Anika Gottier

Pflege im Wandel: Warum Zufriedenheit trotz hoher Belastung steigt

Über 3’600 Pflegefachpersonen aus 28 Spitälern haben 2024 an der jährlichen Umfrage des Spitalpflegereport Schweiz teilgenommen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Arbeitszufriedenheit gestiegen ist. Das überrascht, denn die allgemeine Belastung hat zugenommen. Gründe dafür sind vor allem häufige Personalwechsel und Umstrukturierungen. Trotzdem bewerten viele ihre Arbeit positiver als in den Vorjahren.

Die Studie wird vom Institut für Unternehmensrechnung und Controlling (IUC) der Universität Bern durchgeführt. Sie ist Teil eines vom Schweizerischen Nationalfonds geförderten Forschungsprojekts. Die Leitung liegt bei Prof. Markus Arnold und Prof. Arthur Posch, unterstützt durch Doktorandin Lynn Selhofer.

Was Pflegekräfte zufrieden macht

Besonders wichtig für die Zufriedenheit sind eine kooperative Teamkultur, Weiterbildungsmöglichkeiten und Eigenverantwortung. Ein Blick auf die Entwicklung seit 2019 zeigt, dass die Arbeitszufriedenheit trotz aller Herausforderungen langfristig gestiegen ist. Auch die Zufriedenheit mit der Bezahlung hat sich leicht erholt, liegt aber noch unter dem Niveau vor der Pandemie.

Abbildung 1: Entwicklung Arbeitszufriedenheit und Bezahlung © Spitalpflegereport Schweiz 2024

Auch das Vertrauen in Vorgesetzte spielt eine grosse Rolle. Mitarbeitende, die mehr Freiraum erhalten und Wertschätzung erleben, bleiben dem Beruf länger erhalten. Die gestiegene Zufriedenheit zeigt auch Wirkung auf die Verbleibsabsicht. Immer mehr Pflegefachpersonen können sich wieder vorstellen, auch in fünf Jahren noch im Beruf zu bleiben.

Abbildung 2: Verbleibsabsicht © Spitalpflegereport Schweiz 2024

Gleichzeitig zeigt die Studie, dass etwa ein Drittel der Pflegefachpersonen angibt, ihren eigenen Ansprüchen an Pflege nicht gerecht werden zu können. Das kann zu Frust führen und langfristig den Berufsausstieg fördern. Hier zeigt sich, wie wichtig eine gute Organisation ist, die realistische Bedingungen schafft.

Resilienz und Digitalisierung als Erfolgsfaktoren

Pflegefachpersonen, die ihr Arbeitsumfeld als gut vorbereitet auf unvorhersehbare Situationen einschätzen, fühlen sich belastbarer. Ihre Resilienz ist höher, was direkt mit höherer Zufriedenheit und einer stärkeren Verbleibsabsicht verbunden ist. Dieser Zusammenhang ist auch betriebswirtschaftlich relevant. Wer in eine starke Teamstruktur investiert, spart langfristig Kosten für Rekrutierung und Einarbeitung.

Ein weiteres zentrales Thema ist die Digitalisierung. Knapp 95 Prozent der Spitäler nutzen digitale Pflegedokumentationen. Dennoch sehen viele Pflegekräfte Verbesserungsbedarf. Vor allem in kleinen Spitälern fühlen sich viele im Umgang mit den Systemen nicht ausreichend geschult. Gute Schulung und benutzerfreundliche Systeme könnten hier nicht nur die Pflegequalität verbessern, sondern auch die Produktivität steigern. Allerdings zeigt sich, dass viele Spitäler, besonders kleinere, beim digitalen Fortschritt noch Luft nach oben haben.

Grafik 3: Digitalisierungspotenzial © Spitalpflegereport Schweiz 2024

Wissen weitergeben – Innovation fördern

Erfreulich ist, dass Pflegefachpersonen aktiv zur Weiterentwicklung ihrer Arbeit beitragen. Mehr als drei Viertel der Befragten haben Verbesserungsvorschläge gemacht. Viele Ideen betreffen die Zusammenarbeit im Team und die Optimierung von Prozessen. Wenn diese Vorschläge ernst genommen und öffentlich anerkannt werden, steigt laut Studie auch die Arbeitszufriedenheit deutlich.

Fazit

Der Spitalpflegereport zeigt: Trotz Belastung lässt sich Pflege attraktiv gestalten. Spitäler, die auf stabile Teams, gezielte Weiterbildung, Digitalisierung und eine gute Führungskultur setzen, schaffen nicht nur zufriedenere Arbeitsplätze. Sie handeln auch wirtschaftlich sinnvoll. Die Pflege wird so nicht nur menschlicher, sondern auch nachhaltiger.