23.06.2020 | Studium | Studierende

Das etwas andere Praktikum: ein Startup gründen

Im Bachelor-Studium der Betriebswirtschaftslehre der Uni Bern ist ein Praktikum verpflichtend. Die Auswahl eines passenden Praktikums ist den Studierenden jedoch zum grössten Teil selbst überlassen. Lou Thüler gründete während seines Studiums ein Startup in San Francisco. Darüber berichtet er uns in diesem Interview.

Juni 2020

Von Lou Thüler und Rahel Bryner

Lou, warum hast du ausgerechnet etwas in San Francisco gemacht?

Ich wurde in San Francisco geboren. Als ich etwa 10 Jahre alt war, zogen wir in die Schweiz. Kurz nach dem Start meines BWL-Studiums habe ich mit zwei Freunden ein Start-Up gegründet. Wir haben eine digitale Plattform aufgebaut, auf welcher Non-Profit-Organisationen ihre Volunteer-Angebote inserieren können. Interessierte Menschen können diese dort entdecken und die Projekte auswählen, in die sie investieren möchten. Das Startup haben wir aus verschiedenen Gründen in San Francisco gegründet. Einerseits wird in dieser Stadt Freiwilligenarbeit hoch angepriesen, andererseits ist es der perfekte Ort, um eine Geschäftsidee im digitalen Bereich zu verwirklichen.

Wie kamt ihr auf den Gedanken, ein Startup zu gründen?

Die Idee entstand bei einem Gespräch mit meinen späteren Mitgründern. Wir hatten alle die Erfahrung gemacht, dass die Suche nach spannenden Volunteer-Gelegenheiten oft viel Zeit beansprucht und waren der Meinung, dass dieser Prozess eigentlich einfacher sein sollte.

Eines der Hauptprobleme bestand darin, dass viele dieser Non-Profit-Organisationen sehr klein sind und über ein zu stark begrenztes Budget verfügen, um sich und ihre Möglichkeiten für Hilfsarbeit zu promoten. Gerade in den USA, wo diese Organisationen eine zentrale Rolle bei der Bekämpfung von sozialen und gesellschaftlichen Problemen spielen, ist dies natürlich sehr problematisch. Die Motivation hinter unserer Plattform war also, diesen Organisationen ein Tool zur Verfügung zu stellen, mit welchem sie schnell, einfach und kostenfrei Leute für freiwilliges Engagement finden und begeistern konnten.

Abbildung Golden Gate Bridge in San Francisco
San Francisco

Was waren die ersten Schritte mit eurem Startup?

Die ersten paar Monate haben wir damit verbracht, einen Prototyp zu entwerfen. Dadurch waren wir gezwungen, das Konzept gründlich zu durchdenken. Dies hat uns geholfen, mögliche Schwachstellen im Design der Plattform zu erkennen. Während dieser Zeit haben wir uns natürlich auch laufend Feedback geholt, sowohl von Personen aus unserem persönlichen Umfeld wie auch von verschiedenen Nonprofit-Organisationen. Als wir mit dem Prototyp zufrieden waren, haben wir verschiedene Investoren kontaktiert, um ihnen unsere Idee vorzustellen. Mit dem erhaltenen Kapital konnten wir dann ein Entwicklungsteam anstellen und unseren Auftritt professionalisieren.

Konntest du vieles vom BWL-Studium anwenden? 

Dank dem Studium hatte ich schon einen gewissen Überblick über die wichtigsten betriebswirtschaftlichen Aktivitäten. Das in den Vorlesungen vermittelte Grundwissen konnte ich durch meine Tätigkeiten im Startup oft spezifizieren und ergänzen. So wusste ich beispielsweise aufgrund des Studiums, welche Marketingaktivitäten unter welchen Bedingungen am zielführendsten sind. Im Arbeitsalltag habe ich dann gelernt, wie man diese Massnahmen am besten konkret umsetzt. So hatten Studium und Praxis oft komplementären Charakter.

Foto von Lou Thüler
Lou Thüler

Wo stehst du und das Startup heute?

Ich bin nach etwa anderthalb Jahren zurückgetreten, um mich auf mein Studium zu konzentrieren. Mein damaliger Mitgründer, Andreas Freund, hat das Ganze jedoch weitergeführt und aufgebaut. Die Plattform ist heute noch aktiv und wird regelmässig von verschiedensten Organisationen in und um San Francisco gebraucht.

Gibt es zum Schluss noch etwas, dass du anderen Studierenden weitergeben möchtest?

Ich persönlich habe sehr viel von dieser Erfahrung profitiert. Durch die Arbeit am Startup war ich gefordert, mich laufend fortzubilden und neue Herausforderungen anzunehmen. Dabei konnte ich auch Dinge lernen, die im Studium nicht thematisiert wurden. Aus diesen Gründen würde ich allen BWL-Studierenden empfehlen, bei Gelegenheit auch schon während des Studiums bei einem Startup zu arbeiten oder ein eigenes Projekt auf die Beine zu stellen.