21.03.2024 | Forschung | Dozierende

Können unterschiedliche soziale Präferenzen im Unternehmen nebeneinander bestehen?

Eines der robustesten Ergebnisse der Verhaltensökonomie zeigt, dass es vielen Menschen wichtig ist, wie es anderen Menschen geht. Die Ausprägung dieser sozialen Präferenzen unterscheidet sich von Mensch zu Mensch. Soziale Präferenzen sind daher ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis von individuellem Verhalten in wirtschaftlichen Situationen. Basierend auf dieser Erkenntnis untersuchen Andrea Essl und Frauke von Bieberstein vom Institut für Personal und Organisation der Universität Bern zusammen mit Michael Kosfeld und Markus Kröll die Auswirkungen heterogener sozialer Präferenzen von Mitarbeitenden auf den Verkaufserfolg. Gleichzeitig analysieren sie, inwieweit unterschiedliche soziale Präferenzen im Unternehmen nebeneinander bestehen können. Ihr Artikel mit dem Titel "Social preferences and sales performance" wurde im Journal of Economics & Management Strategy veröffentlicht.

März 2024

Text von Prof. Dr. Frauke von Bieberstein und Dr. Andrea Essl

Soziale Präferenzen im Verkauf

Die Studie fokussiert auf den Verkauf, da hier das Unternehmen unmittelbar mit seinen Kundinnen und Kunden in Kontakt tritt und Einnahmen erzielt. Darüber hinaus bietet der Verkaufskontext den Vorteil, dass die Leistung des einzelnen Mitarbeitenden gut messbar ist. Soziale Präferenzen der Mitarbeitenden können im Verkauf eine wichtige Rolle spielen. Verkaufspersonal mit ausgeprägten sozialen Präferenzen legt möglicherweise besonderen Wert auf Vertrauen, Fairness und ethisch korrektes Handeln. Im Gegensatz dazu neigt Verkaufspersonal mit geringen sozialen Präferenzen möglicherweise dazu, stärker auf individuelle Gewinnmaximierung und persönliche Vorteile zu fokussieren.

Eine Verkäuferin zeigt auf den Bildschirm

Die Forschungsmethode

Die Studie nutzte ein innovatives Forschungsdesign, bei dem 242 Verkaufsmitarbeitende eines österreichischen Handelsunternehmens in einem adaptierten Vertrauensspiel von Berg et al. (1995) teilnahmen. Dabei bildete der Verkaufsmitarbeitende zusammen mit einer externen Person, die nicht im Unternehmen arbeitete (einer potentiellen Kundin/einem potenziellen Kunden), eine Gruppe. Beide bekamen 18 Euro. Die Interaktion lief über Briefe und war komplett anonym. Zuerst konnte die externe Person entscheiden, ob sie alles oder einen Teil des Geldes an den Verkaufsmitarbeitenden schicken wollte. Dieser Betrag wurde verdreifacht. Der Mitarbeitende konnte anschliessend entscheiden, ob und falls ja wieviel Geld er an die externe Person zurücksenden wollte. Mitarbeitende, die nur an ihr eigenes Geld denken, würden nichts zurückschicken; solche mit sozialen Präferenzen hingegen würden Geld an die externe Person zurückgeben. Diese Messung der sozialen Präferenzen wurde anschliessend mit den Verkaufsperformancedaten der Mitarbeitenden gematcht, um so den Zusammenhang zwischen sozialen Präferenzen und den erzielten Umsätzen sowie der Anzahl der Verkäufe zu analysieren.

Die Ergebnisse

Mitarbeitende mit starken sozialen Präferenzen generierten einen höheren Umsatz pro Kunde, konnten aber gleichzeitig weniger Verkäufe pro Tag abschliessen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Auswirkungen sozialer Präferenzen nuanciert sind und von verschiedenen Faktoren abhängen, darunter der Art des verkauften Produkts und der Kundenbasis.

Ein Verkäufer zeigt einer Kund:in etwas auf dem Tablet

Fazit

Die Studienergebnisse legen nahe, dass Verkaufsmitarbeitende, die sich um andere kümmern, möglicherweise überzeugender beraten und dadurch höhere Umsätze pro Kundin oder Kunde erzielen. Ein solches Verhalten ist jedoch mit Aufwand und Zeit verbunden, was die geringere Anzahl von Verkäufen erklären kann. Die beiden Effekte gleichen sich aus, so dass kein signifikanter Zusammenhang zwischen sozialen Präferenzen und Gesamtumsatz gefunden wurde.

Die Ergebnisse dieser Studie verdeutlichen zudem, dass innerhalb desselben Unternehmens und derselben Funktion im Unternehmen verschiedene soziale Verhaltenstypen nebeneinander existieren können und dennoch einen ähnlichen Verkaufserfolg erzielen. Gleichzeitig können Unternehmen die unterschiedlichen Stärken und Schwächen in Zusammenhang mit den sozialen Präferenzen ihrer Mitarbeitenden berücksichtigen und massgeschneiderte Schulungen und Anreize bieten, um die Gesamtleistung zu optimieren.

Blog-Beitrag zum Artikel: Essl, A., von Bieberstein, F., Kosfeld, M., & Kröll, M. (2023). Social preferences and sales performance. Journal of Economics & Management Strategy, 32, 882-905.